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reifenspuren

Hotel Château FrontenacTürkei / Iran

15. November bis 29. November

Zum Abschied von Göreme schweben noch einmal unzählige Heissluft-Ballone durch die Morgendämmerung der Sonne entgegen. Wir machen uns langsam startklar für unseren langen Fahrtag. Die Landschaft verändert sich langsam, die skurrilen Felsformationen werden von sanften Hügeln abgelöst, in der Ferne schimmern weisse Berggipfel. Kilometer um Kilometer legen wir zurück durch einsame Gegenden mit fast keinem Verkehr. Die Landschaft ist wunderschön, die letzten Herbstfarben leuchten in der Sonne und wir würden gerne länger verweilen - wenn es ein bisschen wärmer wäre und das Einreisedatum unseres Iran-Visums nicht näher rücken würde. Gegen Abend erreichen wir Malatya, eine Stadt im östlichen Anatolien und schlafen im Hotel.

Noch einmal ein Fahrtag, wieder durch die wunderbare Hochebene Ostanantoliens bis Van. Auch hier übernachten wir in einem Hotel. Nach unserer Ankunft machen wir einen Spaziergang durch die Gässchen mit den unzähligen Teehäusern, in denen diskutiert, Backgammon gespielt und eben, Tee getrunken wird. Ein Restaurant mit Live-Musik finden wir auch.

Abschiedsfrühstück! Heute lassen wir die Türkei hinter uns. Wir haben noch eine gute Stunde zu fahren bis zur Grenze und sind sehr gespannt, wie unsere Einreise in den Iran ablaufen wird. Als wir fast da sind - ich mit montiertem Kopftuch natürlich - endet die Strasse auf einer riesigen Baustelle. Die Arbeiter winken uns, die ungeteerte Umfahrung zu nehmen. Nach ein paar hundert Metern passieren wir abgestellte Minibusse und stehen vor einem Absperrgitter, rechts daneben ist eine kleine Baracke aufgestellt, in welchem offenbar das Zollamt einquartiert wurde. Wir können aber das Auto nicht ausführen ohne den Ausreisestempel im Pass. Wir dürfen noch ein Stück weiterfahren, stellen dann das Truckli ab und begeben uns zu einer weiteren Baracke um den Stempel zu holen. Dummerweise gibt es gerade keinen Strom und so warten wir, bis die Apparate wieder funktionieren. Mit dem gestempelten Pass muss ich zurück und das Auto am Zoll ausführen - die türkische Ausreise ist geglückt. Nun kommt die Einreise in den Iran. Zuerst geht’s in die Pass-Baracke inklusive Medical-Check, was Fiebermessen bedeutet. Wir sind offenbar gesund. Nun müssen wir das Auto einführen mit dem Carnet de Passage - für uns eine Premiere. Der Zollbeamte macht alle seine Stempel und scheint sich bestens auszukennen. Nur leider können wir gar nichts lesen, also auch keine Daten. Jetzt fehlen nur noch die Haftpflichtversicherung und iranisches Geld. Alles problemos - wir sind samt Truckli eingereist! (Unsere Schnäpse hätten wir nicht trinken müssen, denn diesbezügliche Kontrollen gab es keine.)

Erste Station in Iran ist Khoy. Beim Hotel Tourist Inn fragen wir, ob wir auf dem riesigen Parkplatz im Truckli übernachten dürfen. „Kein Problem, herzlich willkommen in Iran!“ Ein Satz, den wir ab jetzt immer wieder hören. Wir parkieren also und machen unsere erste Erkundungstour Richtung Basar. Es gefällt uns gut in diesem neuen Land aber so ganz angekommen sind wir noch nicht. Wie ist das jetzt wohl mit dem Geld? Wo können wir Diesel tanken (in Iran haben nicht alle Tankstellen Diesel)? Wie kauft man da ein? An Fleisch mangelt es auf jeden Fall nicht, auf dem Weg zum Basar passieren wir etliche Schaufenster mit schön aufgehängten Gigots und anderen (riesigen) Fleischstücken. Nur so etwas wie einen Supermarkt sehen wir nicht. Das wird schon noch kommen, aber die Tatsache, dass wir so vieles überhaupt nicht lesen können ist schon gewöhnungsbedürftig. Im Basar angekommen bummeln wir kreuz und quer durch die verschiedenen überdachten Gässchen und bekommen einen ersten Eindruck vom Angebot.

Ich beobachte die Frauen und ihre Art, die Kopftücher zu tragen. Das sieht viel lockerer aus als wir angenommen haben. Die Haare müssen nicht bedeckt sein und so schlinge ich mir mein Tuch ebenfalls etwas freizügiger um Kopf und Hals. Weil es relativ kühl ist fühlt sich das Ganze recht angenehm an. Nur beim Nachtessen im Tourist Inn komme ich mir mit Kopftuch etwas komisch vor.

Wir verabschieden uns vom sehr freundlichen Hotelpersonal und fahren bei strahlendem Sonnenschein Richtung Urmia, wieder durch sanft gewellte Hügellandschaften mit verschneiten Berggipfeln im Hintergrund. Die Gegend ist recht karg, jetzt im Herbst/Winter ist alles braun bis auf die umgepflügten Felder, deren rote Erde in der Sonne leuchtet. Wir halten Ausschau nach einer Tankstelle und versuchen zweimal zu tanken, aber es gibt keinen Diesel. Hoffentlich reicht es bis wir eine finden. Plötzlich stockt der Verkehr und und aus den drei Fahrspuren sind unvermittelt etwa sechs geworden. Alles steht dichtgedrängt und wir haben keine Ahnung warum. Da klärt uns eine iranische Familie auf: Der Präsident ist auf dem nahen Flugplatz gelandet und wird demnächst in einem Konvoi hier durchfahren. Die Warterei ist kurzweilig, da plötzlich alle wissen möchten woher wir kommen, wohin wir wollen, wie uns das Land gefällt… Nach etwa einer halben Stunde ist es soweit und es kommt Bewegung ins Autochaos. Alle wollen losfahren, aber zuerst muss wieder richtig eingefädelt werden. Sie fahren von links und von rechts, Hauptsache es geht vorwärts. Wir sind noch eine Weile eingeklemmt weil wir nicht gar so mutig sind, dann aber läuft der Verkehr wieder flüssig. Wir finden eine Dieseltankstelle und in Urmia dürfen wir wieder beim (diesmal viel nobleren) Tourist Inn auf dem Parkplatz übernachten. Wir vertrödeln den halben Nachmittag in den Gässchen des grossen bunten Basars. Einmal sind es vor allem Gewürze, Trockenfrüchte und viele verschiedene Nüsse, die angeboten werden, dann wieder kommt eine „Haushaltsgasse“ mit allem, was man so brauchen kann, gefolgt von Textil- und unzähligen Teppichgeschäften.

Wir haben keine Lust, auf dem Hotelparkplatz zu kochen. An der Strasse, die zurück führt, gibt es ein kleines Restaurant das wir ausprobieren. Die Kellner sind sehr hilfsbereit und erklären uns die Karte, schliesslich bestellen wir Suppe und gebratenes Lammfleisch mit Safran-Reis. Mit einem „sehr gesunden Kräutertee“ schliessen wir unser Dinner ab. Von allem gibt es reichlich, es schmeckt und kostet keine zehn Franken für uns beide.

Nachdem wir uns am Morgen durch den chaotischen Stadtverkehr gekämpft haben, wird das Fahren - wie immer auf dem Land - wieder locker. Wir überqueren den Damm über den Urmia-See. Vom See sehen wir allerdings sehr lange nichts, seine Fläche hat mittlerweile um 80% abgenommen. Überall haben sich weisse Salzhügel gebildet und streckenweise könnte man meinen, man wäre auf dem Salar de Uyuni in Südamerika. Kurz vor Tabriz, unserem eigentlichen Ziel, machen wir einen Abstecher zum Höhlendorf Kandovan. Es ähnelt ein wenig Göreme in Kappadokien, ist jedoch durchgehend bewohnt und das Dorf selber mutet nicht sehr touristisch an. Für die Besucher ist auf der anderen Seite des kleinen Flusses ein Markt mit Verkaufsständen aufgebaut. Im Dorf selber werden die Waren mit Eseln transportiert, anders ginge es gar nicht denn es ist eng und viele der Höhlenhäuser sind nur über steile Treppchen zugänglich. Nach einigen vergeblichen Versuchen, die alle in Sackgassen enden, gewinnen wir doch allmählich an Höhe und bekommen einen Eindruck vom einfachen Leben hier oben. Manche Häuser haben kleine Balkone, andere winzige Innenhöfe und ein Stall für Ziegen oder Esel gehört auch dazu. Die Elektrokabel hängen abenteuerlich in den Felsen und die Satellitenschüsseln zeugen davon, dass auch hier das Geschehen im Fernsehen verfolgt wird.

Gegen Abend erreichen wir Tabriz und stellen unser Truckli auf einen Platz im „Tabriz free Camping“, einem kleinen Park im südöstlichen Teil der Stadt ab. Unsere Erkundungen beschränken sich auf den Stadtteil, in dem wir uns gerade befinden. Man merkt, dass die Universität hier angesiedelt ist, denn es hat unzählige Buchhandlungen, Fotokopiergeschäfte und kleine Fastfood-Läden. Einen Iran-Cell-Shop (Sim-Karte) finden wir nicht, dafür aber ein hübsches kleines Buchcafé, in dem wir auch einen Burger zum Z’nacht bekommen. Schmeckt nicht wirklich gut, aber die Atmosphäre ist sehr schön und warm ist es auch. Auf dem Rückweg machen wir Halt in einer riesigen Konditorei mit hunderten unterschiedlicher kleiner Süssigkeiten und etwas, das aussieht wie Brötchen. Solche kaufen wir fürs Frühstück, dazu noch eine Schachtel mit verschiedenen kleinen Köstlichkeiten, alle dick mit Zuckersirup getränkt…

Am Morgen probieren wir die Dusche aus. Bei Urs ist sie noch lauwarm, bei mir dann nur noch kalt. Es reicht gerade für das Nötigste, ein Vergnügen ist es definitiv nicht. Wir suchen noch einmal den Iran-Cell-Shop, werden hierhin und dahin geschickt bis ein junger Mann uns zeigt, wo genau er sich befindet, nämlich im ersten Stock und nur mit dem Signet gekennzeichnet, das wir natürlich nicht kennen. So, Sim-Karte ist gekauft, jetzt wollen wir in die Innenstadt zum grossen Basar. Wir fragen nach dem richtigen Bus und werden gleich in einen verfrachtet - ohne gültiges Billett und ich in der „Männerabteilung“. Im Bus werden wir sofort angesprochen, in Iran willkommen geheissen und gefragt, wohin wir wollen. Bei der richtigen Haltestelle macht uns der halbe Bus darauf aufmerksam, dass wir aussteigen müssen. Auf die Frage wegen dem Billett bekommen wir zur Antwort, dass wir Gäste seien in diesem Land. Der Basar ist nicht weit und gleich davor hat es eine Touristen Information. Die suchen wir auf, fragen nach einem Stadtplan und einem Restaurant zum Essen und haben damit gerade einen Führer durch den Basar bekommen. Er zeigt uns die Teppichabteilung, erklärt uns deren Herstellung, führt uns zu den Handwerkern, die die fertig geknüpften Teppiche scheren oder Reliefs hinein schneiden und schliesslich zu einem Restaurant, das wir später aufsuchen wollen. Sicherheitshalber nehmen wir eine Visitenkarte mit, damit wir fragen können, wenn wir es nicht mehr finden sollten im Wirrwarr der Basargässchen. Nun erkunden wir die Umgebung auf eigene Faust und müssen auch noch Geld wechseln. Als wir auf Anhieb keine Wechselstube finden, fragen wir jemanden und wieder haben wir einen Begleiter, der uns erst verlässt, als wir im Besitz des getauschten Geldes sind. Es ist unglaublich, wie offen, freundlich und hilfsbereit die Menschen sind und wenn wir daran denken, wie Fremde in der Schweiz oft behandelt werden, schämen wir uns fast ein bisschen.

Inzwischen sind wir hungrig geworden und suchen das Restaurant. Die Bedienung macht das geschickt, sie kommt mit einem Tablett voller verschiedener Getränke und wir können auswählen, was wir wollen. Dann bringt sie Salat und anschliessend eine Suppe. Erst jetzt kommt die eigentliche Frage, was wir essen wollen. Die hiesige Spezialität sind Tabriz-Köfte und solche bestellen wir. Sie schmecken vorzüglich, woraus die Kugeln genau bestehen, finden wir aber nicht heraus.

Anschliessend besuchen wir die blaue Moschee, deren Mosaike an der Aussenfassade fast ganz zerstört sind, innen jedoch sind die Fliesen an vielen Wänden gut erhalten und die ehemalige Pracht des Bauwerkes lässt sich gut erahnen. Es ist die erste Moschee die wir betreten und es ist überhaupt kein Problem: Schuhe ausziehen und auf den dicken Teppichen wandeln und staunen.

Die Bushaltestelle ist voller Menschen, offenbar ist Rush-Hour, und diesmal stehen wir getrennt an zum Einsteigen. Ein Billett können wir auch hier nicht kaufen, der Kontrolleur winkt uns einfach durch. Der Bus kommt, Urs steigt ein aber die Frauenabteilung ist schon so vollgestopft, dass ich es nicht schaffe. Etwa fünf Minuten und drei Busse später habe ich es auch geschafft. Gottlob haben wir vorher besprochen, wo wir aussteigen wollen und Urs erwartet mich schon. Nun noch schnell in die Konditorei Brötchen kaufen und dann zurück zum Truckli. Auf dem Campingplatz sehen wir, dass der Toilettenblock beleuchtet ist - sofort probieren wir den Wasserhahn in der Dusche: Das Wasser kommt heiss! Schnell also alles bereit machen und unter’s Wasser, diesmal ausgiebig!

Beim Frühstück entscheiden wir, noch einen Tag länger hier in Tabriz zu bleiben und noch einmal eine Stadttour zu machen. Diesmal schaffen wir die Besichtigung der wunderschönen Jame-Moschee, besuchen den Friedhof der Dichter im Norden der Stadt und suchen anschliessend ein Restaurant, denn so richtig eingekauft haben wir nicht.

Unsere weitere Route haben wir immer noch nicht bestimmt. Eigentlich würde uns die Gegend am Kaspischen Meer reizen, aber wir müssten ziemlich durch die Berge fahren, der Wetterbericht ist relativ schlecht und wenn wir Pech haben, könnte es schneien. Wir verzichten und fahren Richtung Teheran. Die Autobahn führt durch eine Landschaft, die in den USA längst ein Nationalpark wäre. Die skurrilen, braun-rot-grau-grün gestreiften Felsformationen links und rechts der Strasse ziehen sich bis in die Ferne. Leider ziehen immer mehr Wolken auf und vermindern die Leuchtkraft dieser Kunstwerke der Natur. Am Nachmittag setzt Regen ein und das Fahren wird mühsam. Wir entscheiden uns, in Qazvin in einem Hotel zu übernachten, zumal meine Erkältung sich eher verschlimmert. Wir finden ein „traditionelles Gästehaus“ mit Parkplatz. Die Zufahrt ist jedoch durch ein Einbahn-Gässchen sehr eng und wir müssen ein Tor passieren - es reicht ganz knapp, wir verfehlen den oberen Rand um ein paar Zentimeter! Und das Parkieren erfordert noch einmal Geschick, denn es ist ziemlich voll und unser Truckli halt schon grösser als eine normales Auto. Glücklich beziehen wir ein riesiges Zimmer mit verzogenen Holztüren, die sich kaum öffnen und schliessen lassen. Das Restaurant scheint verwaist zu sein, uns bleibt nicht viel anderes übrig, als unterm Regenschirm durch Pfützen und halbe Bäche in der Stadt nach einem entsprechenden Etablissement zu suchen.

Am Morgen werden wir im Frühstücksraum von anderen Gästen herzlich willkommen geheissen in Iran. Als am Nachbartisch Gläser mit Rüeblisaft serviert werden, steht der Mann auf und bringt zuerst uns je ein Glas. Dann gibt es Linsensuppe, Fladenbrot mit Butter und Honig, ein Spiegelei und jede Menge Tee dazu. So lässt es sich doch gut in den neuen Tag starten! Als wir unser Truckli wieder gepackt haben, machen wir ein paar Ausfahr-Versuche. Wir haben keine Chance wenn nicht ein Auto umparkiert. Die Dame an der Rezeption erklärt uns, dass der Besitze jenes Wagens, der uns am meisten Platz machen würde, leider nicht da sei. Aber wir haben Glück, der neben uns ist da und fährt in eine andere Ecke. Nun können wir wieder probieren und nach einigem Hin und Her sind wir draussen. Es regnet immer noch, Berge sehen wir keine und das Alamut Tal ist dann wohl auch nicht wirklich eine gute Idee, insbesondere da die Gegend im Reiseführer für zweite Hälfte Mai nach der Schneeschmelze empfohlen wird. Die gut hundert Kilometer bis Teheran haben wir schnell hinter uns, jetzt brauchen wir nur noch einen guten Platz. Im iOverlander sehen wir, dass viele Camper beim Komeini-Mausoleum gestanden sind. Die Anfahrt ist einfach, der Platz riesig und fast leer und der nette Mann bei der Einfahrt bestätigt uns, dass wir problemlos im Schatten der riesigen Gedenkstätte mit Moschee und Türmchen übernachten dürfen. Wir erhalten ein Kärtchen für die Ausfahrt und suchen uns ein Plätzchen. Hier bleiben wir.

Urs macht einen Erkundungsrundgang und ich lege mich ein bisschen hin und pflege meine Erkältung. Nach einem einfachen Znacht gehen wir früh schlafen damit wir morgen rechtzeitig auf dem Visums-Verlängerungs-Büro sind.

Beim Frühstück studieren wir den Metro-Plan und suchen die richtige Linie mit der Haltestelle in der Nähe des Büros. Als wir zur Metro-Station gehen, kommen uns Heerscharen von Frauen und Männern, erstere ausnahmslos in ihre schwarzen Tücher gehüllt, entgegen. Wir kaufen unsere Tickets, gehen zum Perron und steigen in eine fast leere Metro ein. Urs im Männerabteil, ich bei den Frauen. Da es eine ganze Strecke ist bis in’s Stadtzentrum nehmen wir an, dass sich die Wagen dann schon noch füllen. Aber dem ist nicht so. Die Sitzplätze sind einigermassen besetzt, stehen muss aber niemand. Als wir an unserer Station aussteigen, ist die Strasse wie ausgestorben, alle Läden sind geschlossen und so langsam kommt uns die Idee, dass wohl ein Feiertag ist. Wir schauen im Reiseführer und richtig, in Iran wird heute die Geburt des Propheten Mohammed gefeiert. Ausser den Sehenswürdigkeiten ist alles geschlossen. Also besuchen wir den Golestan Palast in der Nähe des Basars. Beim Eingang kann man sich ein „Besichtigungs-Menü“ zusammenstellen und je nach Wahl kostet es dann Eintritt. Wir lassen uns von dem freundlichen Angestellten beraten und betreten dann den grossen Park, der ringsum mit bunt gekachelten Mauern umgeben ist und die verschiedenen Paläste beherbergt. An Pracht mangelt es hier wahrlich nicht. Viele der Säle sind mit Spiegelmosaiken ausgekleidet, andere sind etwas gedämpfter, aber nicht weniger aufwändig dekoriert. Eine weisse oder leere Wand haben wir in all den Palästen keine gefunden. Im Marmorpalast steht vor dem grossen Fenster zum Garten der von Frauengestalten getragene riesige Marmorthron. Bequem sieht es nicht aus, aber vielleicht lagen ja Kissen und Teppiche drauf, wenn der König thronte…

Der Basar ist geschlossen und auf der Suche nach einem Restaurant finden wir in einem kleinen Park sind ein paar Stände mit allerlei Souvenirs und Essen. Es gibt Menemen, das Gemüserührei, das wir aus der Türkei kennen. Wir bestellen und setzen uns unter die als Regenschirme dienenden Sonnenschirme. Es schmeckt himmlisch, inklusive dem etwas dickeren Fladenbrot, das dazu gereicht wird. Nach dem obligaten Abschluss mit einem Glas Tee bummeln wir weiter durch die verlassenen Strassen und haben gar nicht das Gefühl, uns in einer Grossstadt zu befinden.

Wir starten den zweiten Versuch für unsere Visa-Verlängerungen und diesmal ist die Metro pumpevoll. Schon an unserer Station gibt es keine Sitzplätze mehr und wir sind zuversichtlich, dass heute ein normaler Arbeitstag ist. Das Büro hat geöffnet, doch die freundliche Dame, am Schalter erklärt mir, dass es noch zu früh sei um das Visum zu verlängern. Sie schreibt mir unser Ausreisedatum mit unseren Kalenderdaten auf - es ist nicht, wie uns an der Grenze erklärt wurde, der dritte sondern der 17. Dezember. Sie meint, wir können die Verlängerung in jeder grossen Stadt machen…

Da wir uns schon im nördlichen Teil der Stadt befinden, suchen wir die von einer jungen Architektin entworfene Tabiatbrücke. Ganz einfach ist es nicht. Zuerst irren wir auf einer riesigen Baustelle herum bis wir in einen parkähnlichen Wald mit vielen Picknickplätzen kommen. Hier gibt es verschiedene Spazierwege - leider ist keine Menschenseele unterwegs und wir können nicht fragen. Endlich finden wir ein Hinweisschild und schon bald sehen wir die faszinierende Metallkonstruktion, die über eine sechsspurige Autobahn in den Feuer und Wasser Park führt. Etwas weiter steht das grosse Planetarium mit seiner von einem Zackenkranz umgebenen Kuppel. Wir durchqueren einen weiteren Park und verirren uns dann ziemlich heftig in den verschiedenen Schnellstrassen, die kaum zu überqueren sind. Als wir dann endlich einen Busbahnhof erreichen, können wir uns wieder richtig orientieren: Das Gandi-Einkaufszentrum sollte nicht weit entfernt sein - ist es aber dann doch und dazu eine Riesenenttäuschung: zwei Geschäfte und zwei einsame Cafés, das wars auch schon. Nix gewesen mit Einkaufen. Dafür leisten wir uns ein spätes Mittagessen in einem Nobelrestaurant, in dem uns die Kellner sogar die Servietten auf den Schoss legen. Das Essen - einmal mehr halt Kebab, die Spezialität des Hauses - schmeckt uns und frisch gestärkt suchen wir die nächste Metrostation. Einmal umsteigen und dann die lange Fahrt zurück.

Unser Parkplatz erweist sich beim Hinausfahren als Labyrinth und wir drehen mehrere Runden bis wir den Ausgang finden. Wir sind schnell auf der richtigen Schnellstrasse und im Handumdrehen lassen wir die Stadt, mit der wir irgendwie nicht so ganz warm geworden sind, hinter uns. Gegen Mittag erreichen wir Qom - es wird aber fast Nachmittag, bis wir unser Truckli abstellen können. Die Zufahrt zum offiziellen Parkplatz beim Heiligtum der Fatima ist in der Höhe auf zwei Meter zwanzig begrenzt, das reicht definitiv nicht. Wir drehen Runde um Runde durch den chaotischen Verkehr bis wir in einer Baugrube einen privaten Parkplatz finden. Aber das Heiligtum entschädigt uns für den Aufwand. Die Anlage ist riesig und schon der Weg dahin, an der goldenen Kuppel zu erkennen, ist imposant. Die Bauten sind prachtvoll. Verspiegelte oder vergoldete Eingangstore, blau-gelb-rot-weiss-schwarze Fliesen überall, Kuppeln und Minarette, Menschenströme, die zur Grabkammer der Fatima Masumeh pilgern: es herrscht eine ganz besondere Stimmung die auch uns nicht unberührt lässt. Erst beim Spaziergang durch den lebhaften Basar kommen wir langsam wieder in der Wirklichkeit an…

Wir fahren weiter bis Kashan und dort zum grossen Stadtpark, der auf dem der Stadt gegenüberliegenden Hügel angelegt ist. Ein idealer Ort zum Übernachten. Es hat einen Sanitärblock mit je einer Dusche und erstaunlich sauberen Toiletten. Urs geht sofort unter die Dusche und kommt halbwegs begeistert zurück. Das Wasser war lauwarm aber zum Aushalten. Bei mir ist alles immer ein wenig komplizierter, aber das Badetuch kann ich ja auf dem Weg als Kopftuch benützen. Mit dem Nötigsten ausgestattet wage ich auch einen Versuch, muss ihn aber abbrechen, denn in der Damendusche kommt wirklich nur eiskaltes Wasser. Da gibt es nur eine Lösung: Ich dusche bei den Männern und Urs muss Wache stehen.

Die Nacht ist dann weniger ruhig als angenommen, denn zuoberst auf dem Hügel befindet sich ein Vergnügungspark und das Lachen und Kreischen ist bis spät zu hören. Schön, dass sich die Menschen amüsieren.

In der Stadt finden wir schnell eine Parkmöglichkeit in der Nähe der sehr sehenswerten alten Bürgerhäuser. Am eindrücklichsten ist jedoch der über vierhundertjährige Hamam von Sultan Mir Ahmad: Ein ganzes Haus als Bad, ein Raum schöner als der andere - da hätte ich mich auch gerne verwöhnen lassen! Zum Einkaufen gehen wir Richtung Basar, merken uns die Fladenbrot-Bäckerei für den Rückweg und sind unversehens in den engen Gässchen, in denen man fast alles kaufen kann - ausser eben den Lebensmitteln, die wir gewohnt sind. Unter der Kuppel eines grossen Lagerraums mitten im Gewirr der Gassen trinken wir Tee und machen uns dann ausserhalb auf die Suche nach einem Metzger. Fleisch soll es heute geben und zwar so zubereitet, wie wir das mögen - ein Schweizer-Znacht oder so… Metzger finden wir, die aufgehängten Fleischstücke identifizieren wir als Lammgigots aber die Stücke, die es sonst noch zu kaufen gibt, können wir nicht ganz sicher einem Lamm zuordnen. Also frage ich sicherheitshalber: Mähähä? oder Muuuh?. Es ist Mäh. Ich zeige eine ungefähre Grösse und bedeute dem Metzger, dass er den Knochen entfernen soll. Der Knochen wird herausgeschnitten (kommt aber auch auf die Waage) und schon haben wir ein wirklich schönes Fleischstück in der Tasche. Der Gemüsehändler verkauft uns Rüebli, Zwiebeln, Peperoni und Tomaten, nun fehlt noch das Brot. Fünf grosse Fladen kauft Urs und der Bäcker strahlt. Als wir auf einen Plastiksack zeigen (die Menschen hier falten das Brot einfach zusammen und stecken es so in die Tasche oder klemmen es auf den Gepäckträger des Velos) bedeutet er uns, dass wir dafür extra bezahlen müssen. Fortschrittlich! Unser Essen schmeckt himmlisch: Lammragout mit Gemüse und Kartoffelstock (Mifloc halt).

Am nächsten Tag besuchen wir die unterirdische Stadt nördlich von Kashan. Auch hier bauten sich die Menschen unterirdische Behausungen um Schutz vor Feinden zu suchen. Anschliessend wollen wir noch rasch unsere leere Gasflasche füllen lassen. Aber der Gashändler winkt schnell ab: Die Ventile passen nicht. Wir suchen unseren Adapter (er hat in Südamerika funktioniert) aber auch das geht nicht. Ein anderer Kunde erklärt uns, dass es sicher eine Lösung gäbe. Wir sollen ihm einfach folgen mit unserem Auto. Wir fahren fast eine halbe Stunde hinter ihm durch die Stadt. Auch hier haben wir kein Glück. Unser freundlicher Helfer lässt jedoch nicht locker und bedeutet Urs, mit der Flasche in sein Auto zu steigen, sie kämen so rascher vorwärts. Ich warte etwa eine Stunde, dann kommen die beiden zurück. Jeden Gashändler haben sie erfolglos abgeklappert. Naja, eine Flasche ist ja noch fast voll und sonst muss Urs halt auch das Morgenkafiwasser draussen auf dem Benzinkocher heiss machen. Wir beschliessen, doch noch das fast 100 Kilometer entfernte Lehmziegeldorf Abyaneh in den Karkas-Bergen zu besuchen. Unterwegs passieren wir die umstrittene Uran-Anreicherungsanlage und staunen, wie unscheinbar sie ist und vor allem wie wenig Sicherheitskräfte oder Militär hier präsent sind. Wenn nicht überall Tafeln mit Fotografier-Verboten stehen würden, hätten wir die Anlage nicht einmal bemerkt. Die Fahrt ist wunderschön, aber die Strasse steigt höher und höher, die Schneegrenze kommt immer näher. Auf über 2’000 m ü.M liegt es, wunderschön in den Berghang gebettet. Die Frauen mit ihren mit Rosen bedrucken Umhängen geniessen die letzten Sonnenstrahlen draussen auf den Bänken oder kochen Tee, den sie den Touristen verkaufen. Eigentlich hatten wir geplant, hier zu übernachten aber auf dieser Höhe im Winter… Wir fahren kurzentschlossen zurück nach Kashan auf „unseren“ Platz.

 

Millionäre

FlötenspielerWährend ich an der Grenze die Versicherung abschliesse wechselt Urs Geld - und ist völlig verunsichert. Für hundert US Dollar bekommen wir etwas mehr als elf Millionen Rial. Der offizielle Wechselkurs, den wir im Internet gefunden haben, ist aber bei ca. 4’600’000 Rial. Irgendwie komisch, aber nicht zu ändern. In Khoy wechseln wir noch einmal hundert Dollar in einer Wechselstube und bekommen diesmal etwas über zwölf Millionen Rial… Naja, wird wohl irgendwie stimmen, die ganze Sache. Im Internet können wir endlich die Wechselkurs-Geschichte klären: Die Banken haben den offiziellen Kurs, die ebenfalls legalen Wechselstuben einen völlig anderen. So hat alles seine Richtigkeit und wir müssen uns keine Sorgen machen.

 

Auto fahren

FlötenspielerDas Autofahren im Iran ist nicht ganz einfach. Unsere Regeln sind da ausser Kraft, gefahren wird in jede noch so kleine Lücke, überholt in den unmöglichsten Situationen. Aus drei Spuren werden bei einer Lichtsignalanlage locker deren sechs, abgebogen wird auch dann, wenn man dazu drei Spuren überqueren muss. Wir halten uns möglichst auf der mittleren Spur, denn die ganz rechts wird zum Parkieren genutzt. Aber das macht die Sache nicht einfacher. Wenn man zögert und etwas Abstand hält, hat man schon verloren und ist schnell eingekeilt, weil einer von rechts auf die linke Spur und einer von links rechts parkieren will... Welche Vortrittsregeln im Kreisverkehr gelten würden, haben wir noch nicht herausgefunden, irgendwie ist es immer ein bisschen anders, man muss einfach vorsichtig aber stetig fahren. Irgendwie gewöhnt man sich dran, aber in den Städten überlasse ich lieber Urs das Steuer.

 

Staatsbesuch

FlötenspielerRiesige Transparente mit dem Präsidenten säumen Strassen und Häuser. Dass dies nicht dem normalen Strassenbild entspricht, sondern um einen Besuch von Herrn Rohani in Khoy geht, haben wir erst im Verkehrsstau erfahren...

 

Spezialität

FlötenspielerLange brauchen wir, bis wir wissen, welche Spezialität hier überall angeboten wird: Es sind Zuckerrüben, die so lange gekocht werden bis der Zucker caramelisiert und die Rüben goldbraun glänzen.

 

Für jedes Wetter gerüstet

FlötenspielerTöff fahren im Regen muss nicht unbedingt nass machen... Und als Sonnenschutz dient das Dächli sicher auch!

 

Stattlich!

FlötenspielerOffenbar ist man hier auf grosse Männer eingestellt. Urs würde in den Kleidern ertrinken und wir fragen uns, wer die wohl tragen kann, denn wirklich grosse Menschen haben wir bisher keine gesehen...

 

Vorsicht!

FlötenspielerDie Schilder bei den Rolltreppen sind der hiesigen Kleiderordnung angepasst. Gut vorstellbar, dass sich die grossen schwarzen Tücher in den Stufen verklemmen!

 

In jeder Stadt zu finden

FlötenspielerDie Spendenböxli haben wir bisher in jeder Stadt zahlreich angetroffen und sie werden von den Iranerinnen und Iranern benutzt. Wofür man allerdings spendet, haben wir noch nicht herausgefunden.

 

Wenn's schon kein Mac sein darf...

Flötenspieler... hier ist die iranische Antwort darauf. Probiert haben wir allerdings nie, denn Köfte und Kebab bekommen wir genug in den "normalen" Restaurants.

 

Eintritt zum Heiligtum

FlötenspielerMänner und Frauen haben getrennte Eingänge - wir hoffen, uns auf der anderen Seite wieder zu treffen… Ich gehe durch einen Vorhang und stehe vor einer jungen Frau die mich anweist, einen Moment zu warten und auf einen Stuhl zeigt. Ich setze mich und realisiere, dass ich ohne Verhüllung nicht hinein darf und dass die Päckchen, die sie in der Hand hält, Abschminktüchlein sind. Roter Lippenstift, wie er von vielen Iranerinnen getragen wird, geht nicht. Es dauert eine Weile, dann wird ein Tuch frei und ich werde verkleidet. Nun kann ich eintreten. Urs hat derweil bereits einen Reiseführer bekommen (Touris dürfen den Innenhof des Heiligtums nicht allein besuchen) und lacht bei meinem Anblick. Ist ja auch komisch, denn bei meinem Tuch ist der Reissverschluss kaputt und die Frauen haben es einfach vorne verknotet.