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reifenspuren

Hotel Château FrontenacMongolei 2

7. August bis 28. August

Wir sind nur halbherzig am Weiterreisen und nachdem wir geduscht und gefrühstückt haben entscheiden wir uns, einen weiteren Tag in der River Point Lodge zu verbringen. Das Wetter ist noch nicht wirklich schön und die Strasse nordwärts soll ziemlich schlecht und bei Regen auch halb unter Wasser sein. Wir geniessen den Ruhetag, schreiben den Reisebericht und machen die Internetseite fertig, essen noch einmal bei René und freuen uns über die Gesellschaft.

Heute ist es nun ernst und es heisst zusammenpacken, Yak-Wollsocken kaufen bei René - Abschied nehmen ist gar nicht so einfach - Wasser füllen und dann wirklich wieder losfahren. Die Zeit im River Point hat uns richtig gut getan. Ruhig fahren wir wieder durch die absolut chaotische Stadt - eine Haftpflichtversicherung haben wir ja nun - kaufen unterwegs noch ein im Einkaufszentrum. Am anderen Ende von Ulan Bator stellen wir fest, dass die Strasse nach Norden wegen einer Baustelle gesperrt ist, aber wir finden den Weg doch noch. Die Strasse ist wirklich in einem schlechten Zustand, entweder hat es ein Schlagloch am anderen oder aber es ist eine Baustelle, die wir umfahren müssen. So langsam werden wir müde und halten Ausschau nach einem Übernachtungsplatz. Die Landschaft ringsum ist wunderschön und wir suchen nicht lange. Bei der erstbesten Gelegenheit verlassen wir die Strasse und biegen auf eine Piste Richtung Hügel ab. Wir fahren nicht weit und stellen uns in der Nähe von Bayangol in eine Wiese. Rings um uns weiden Pferde, in der Ferne fahren Güter- und Personenzüge der transmongolischen Eisenbahn vorbei und wir kochen uns ein Abendessen bevor wir uns dann definitiv einen Stock höher unter die warme Decke verkriechen.

Am nächsten Tag biegen wir kurz nach Khongor auf die sogenannte Nordroute ab und folgen diesmal einer guten Teerstrasse bis kurz nach der Orchonbrücke. Ab hier folgen wir einer Piste zum Kloster Amarbaysgalang, zunächst Richtung Sant, nachher etwas ungewisser aber immer ein bisschen nordwärts. Es geht nicht schlecht zum Fahren, auch das Wetter hält sich erstaunlich gut. Nur das letzte Stück bevor wir das Kloster erreichen ist ein bisschen sumpfig und wir müssen zwei kleine Flüsse überqueren. Die Spuren sind nicht immer ganz eindeutig, aber wir erreichen das Kloster Amarbayasgalant unbeschadet und stellen unser Truckli ab. Zu Fuss gehen wir über ein Feld zum Eingangstor der wunderschönen Anlage. Ausser uns ist noch ein französisches Paar hier, sonst gibt es keine ausländischen Touristen. Die Klostergebäude sind noch nicht alle restauriert, aber Schritt für Schritt ist man mit der Instandsetzung beschäftigt. Hinter dem Kloster führen zwei lange Treppen zu den Stupas auf den beiden Hügeln. Von da ist die Aussicht auf das Kloster und die Ebene wunderschön. Nun müssen wir die Stupas noch im Uhrzeigersinn umkreisen, dann sollte einer glücklichen Weiterreise nichts im Weg stehen…

Auf einer anderen Piste fahren wir anschliessend wieder Richtung Hauptstrasse und übernachten unterwegs wieder auf einer Wiese ein paar Meter neben der Piste. Es duftet nach Wacholderkraut, das hier überall wächst und seinen intensiven Geruch verströmt wenn man darüber fährt oder darauf steht. Ein Nomadenmann kommt auf seinem Pferd vorbei und isst von unseren getrockneten Aprikosen bevor er zu seiner Schafherde weiterreitet. Und wir kochen unser Nachtessen und können gerade noch draussen essen ohne zu frieren. Aber die Nächte sind schon kühl und wir sind froh um unsere Schlafsäcke.

In Baruunburen, einem kleinen Dorf, erreichen wir die Teerstrasse wieder und fahren bis Erdenet zum Einkaufen. Unser Datenpaket der Sim-Karte ist abgelaufen (und auch quasi aufgebraucht) und wir können sie hier bequem mit einem neuen Paket aufladen. Noch alles verstauen, dann geht es weiter zum Uran Togoo, einem Vulkankegel den man besteigen und umrunden kann. Es ist recht touristisch da und viele mongolische Familien sind auf dem supersteilen Weg unterwegs zum Kraterrand. Es herrscht fröhlicher Lärm und für uns ist es schön, die einheimische Bevölkerung bei ihren Sehenswürdigkeiten zu erleben. Auf einer bunten Blumenwiese unterhalb des Kegels richten wir uns ein und gegen Abend haben die letzten Autos den Parkplatz verlassen und wir beide übernachten ganz allein am Rand des kleinen Wäldchens.

Auf der Weiterfahrt am nächsten Morgen kommt uns ein grosser MAN entgegen. Das steht doch „Simba“ drauf. Es sind Brigitte und Günther, mit denen wir in zweieinhalb Wochen durch China reisen wollen. Es ist schon erstaunlich, wie und wo man sich trifft. Nach einem Schwatz am Strassenrand fahren sie langsam Richtung Ulan Bator zurück, wir wollen Richtung Mörön und den Khuvsgul See. Aber bevor wir nach Norden fahren, machen wir einen Abstecher zum Selenge Fluss, denn in den Reiseführern wird er als guter Fluss zum Fischen beschrieben. Aber als wir zur Brücke kommen, ist er immer noch sehr braun und trüb, wir sehen nicht einmal am Ufer ins Wasser. Trotzdem übernachten wir hier, denn ein wenig flussaufwärts hat es hat wunderschöne Plätzchen die sogar ein wenig windgeschützt sind durch die paar Weiden und sonstigen Stauden, die hier wachsen.

Mörön, die „Bezirks“-Hauptstadt oder das Aimagzentrum, das wir bald erreichen, ist eine erstaunlich grosse Stadt. Das Wasserhäuschen finden wir diesmal nicht auf Anhieb und als wir es haben, ist es geschlossen. Aber Wasser brauchen wir und so fragen wir nach dem nächsten. Mit Händen und Füssen können wir dem jungen Mann erklären was wir suchen und da dieser kein Englisch spricht steigt er kurzerhand auf meinen Sitz im Truckli und meint, ich könne doch auch noch einsteigen. Für die Mongolen ist es völlig normal, dass sich bis zu zehn Personen in ein normales Auto quetschen. Wir staunen jedesmal, wieviele da jeweils aussteigen zum Picknick oder so. Ich setze mich dann aber doch lieber hinten hinein. Er zeigt uns den Weg und wir können unseren Tank wieder auffüllen. Die Strasse Richtung Khatgal und den Khuvsgul See ist ebenfalls geteert und gut zu fahren. Etwa in der Mitte der Strecke sehen wir in der Ebene unter uns einen wunderschönen Fluss, den Egiin, der aus dem Khuvsgul See fliesst. Er scheint klar zu sein und wir holpern einen ziemlich ausgewaschenen Weg zum Ufer hinunter. Er ist wirklich klar und traumhaft schön. Ein mongolischer Fischer packt gerade zusammen, er hat drei kleine Äschen gefangen und bedeutet mir, dass es hier gut sei um mit der Fliege zu fischen. Wir suchen einen flachen trockenen Platz zum Bleiben. Ich packe voller Freude mein Fischzeug aus und fange wirklich nach kurzer Zeit meinen ersten sibirischen Äschen. Er scheint mir zu klein zu sein und ich bin froh, haben meine Fliegen keine Widerhaken, so kann ich ihn sorgfältig lösen und wieder schwimmen lassen. Am Abend windet es dann recht stark und es wird saukalt. Zum Fischen etwas schwierig, aber am nächsten Morgen geht es weiter. Zwei Mongolen versuchen ihr Glück ebenfalls, fischen aber mit Laufzäpfchen und den Heuschrecken, die sie auf den Wiesen fangen. Die beiden haben eine grosse Lennok Forelle und ich wünsche mir, dass auch bei mir so eine anbeissen möge. Aber ich habe kein Glück. Kurz vor dem Eindunkeln sehe ich etwas flussabwärts ein junges Paar ebenfalls mit Fischruten. Sie fischen mit „Löffeli“ und scheinen nicht so viel Erfahrung zu haben. Aber die junge Frau fängt ebenfalls eine schöne Forelle - ihren ersten grossen Fisch!

Am Morgen packe ich meine Fischrute schweren Herzens wieder ein und wir fahren weiter nach Khatgal. So langsam brauchen wir wieder einmal richtig heisses Wasser. Unsere Solardusche hat sich am Fluss nie so richtig erwärmt und der Wind war so kalt, dass es uns nicht wirklich ums Duschen war. Im Badehaus von Khatgal geniessen wir dann die Wärme umso mehr. Das Westufer des Khuvsgul ist touristisch sehr gut erschlossen, ein Ger (Jurtencamp) reiht sich an’s andere und wir fahren bis zum Ende des Weges. Dort stehen stehen wir bei einem Ger, das wunderschön auf einer Landzunge am See liegt - es hätte sogar Duschen gehabt. Wir machen eine kleine Wanderung dem See entlang. Pullover und Windjacke können wir jetzt brauchen, denn der eisige Wind geht einem durch Mark und Bein. Aber so schön warm eingepackt kommt gerade ein wenig Herbststimmung auf obwohl die Lärchenwälder erst einen ganz leichten Gelbstich haben. Im richtigen Herbst muss es hier traumhaft schön sein. Der See erinnert uns an den Baikalsee und es kommt wohl nicht von ungefähr, dass man den Khuvsgul den kleinen Bruder des Baikalsees nennt. Wir kochen heute nicht und essen das sehr gut gekochte Touristenmenü im Camp. Punkto Essen hat sich Einiges verändert seit wir 2008 hier waren. Damals hat uns manchmal nur noch der Wodka gerettet wenn wir das fettige Hammelfleisch nicht richtig verdauen konnten. Heute schmeckt das Essen gut und ist bekömmlich.

Irgendwie packt es uns nicht so ganz hier am See. Wir müssten noch weiter nach Nordosten fahren, um schöne Fischgewässer zu erreichen und dafür fehlt uns gutes Kartenmaterial. Mapsme zeigt irgendwann keine Wege mehr an und so ganz allein wagen wir uns nicht in diese Wildnis. Also fahren wir wieder südwärts. Bei „meinem“ Fluss können wir nicht vorbeifahren ohne dass ich es noch einmal versucht habe. Ich fange einige Äschen so um die dreissig Zentimeter und nehme zwei, damit wir doch einmal Fisch zum Znacht haben. Sie haben gerade Platz auf unserer Grillplatte und Urs brät sie wunderbar. Doch ein bisschen zufrieden gehen wir schlafen.

Am Morgen nach dem Frühstück juckt es mich noch einmal. Ich montiere eine Fischimitation und versuche mein Glück ein Stück flussabwärts bei den schönen Rinnen, in denen es ab und zu einen Schwall gibt. Irgend einmal habe ich das Gefühl, den perfekten Wurf gelandet zu haben - und mein Gefühl war richtig. Es zuckt, ich ziehe und dann geht es aber los. Ich habe eine schöne 45 cm lange Lenok Forelle am Haken. Es dauert eine ganze Weile, bis ich sie am Ufer habe. Ich bin richtig happy und stolz zeige ich Urs meinen Fang. Bevor wir also losfahren können, muss zuerst der Fisch fachgerecht ausgenommen, gewaschen und gut verpackt im Kühlschrank Platz finden. Kein Problem, mit Einkaufen sind wir ja zur Zeit nicht wirklich verwöhnt…

Wir fahren zurück nach Mörön, zum Tanken und Einkaufen (halt was es so gibt, leider weder Holz noch Holzkohle für unser Grillfeuer heute Abend…). Auch meine Travel-Cash-Card probieren wir wieder einmal aus nachdem wir in der App alles freigeschaltet haben. Aber sie funktioniert nicht und wir wissen nicht wirklich ob es an der Karte oder an der Mongolei liegt… Zu guter Letzt wechseln wir ganz konventionell Euro in einer Bank und sind so wieder mit genügend Tugrik ausgestattet. Wir wollen eigentlich noch einmal Richtung Tosontsengel und am Ider noch einmal Fischen. Aber nach ein paar Kilometern schlimmster Wellblechpiste geben wir auf. 400 km so zu fahren macht keinen Spass. Wir kehren um und mich zieht es eigentlich noch einmal an den Egiin und so fahren wir mehr als dreissig Kilometer auf einer recht guten Piste nach Tunel und von dort noch ein paar Kilometer weiter an „meinen“ Fluss. Unterwegs sammeln wir alle Holzstücke, die wir finden (wir kreuzen ab und zu kleine Holzaster, die etwas von ihrer Fracht verlieren). Auch hier ist der Egiin ein wunderschöner Fluss, aber nicht mehr so einfach zu befischen wie weiter oben. Aber ich habe auch keine Zeit denn es geht schon auf den Abend zu und wir müssen ein Feuer machen, damit wir die Forelle auf ausreichend Glut braten können. Für eine Pfanne wäre sie zu gross und ich möchte sie nicht zerschneiden. Urs hütet das Feuer, ich bereite den Fisch vor und wickle ihn zusammen mit ein paar Butterstückchen in Alufolie. Ein paar Kinder, aufgereiht wie ein Treppchen, jedes ein paar Zentimeter grösser als das andere, kommen uns besuchen, bestaunen den Fisch und freuen sich an den Zeltchen, die wir noch zu verteilen haben.

Am Morgen kommen die Kinder wieder vorbei, einer der Jungen bringt mir eine Zeichnung: Eine Fischrute mit Haspel und einem Fisch an der Schnur. So herzig, ich freue mich sehr über das kleine Geschenk.

Nach einem gemütlichen Morgenessen fahren wir wieder zurück zur Hauptstrasse und wollen weiter Richtung Ugii Nuur, den schönen See nördlich von Kharkhorin. Auf Mapsme haben wir eine Fähre über den Selenge entdeckt, die wollen wir ausprobieren. Sie ist ganz in der Nähe des Gebietes, bei dem verschiedene grosse Flüsse wie Selenge, Chuluut und Ider zusammen kommen und es viele Fische geben soll. Die Piste ist teilweise recht ruppig, dann wieder wunderbar zu fahren. Je näher wir dem Fluss kommen, desto verfallener sehen die Ställe aus, es hat keine Jurten und auch Tiere sehen wir wenig. Uns schwant nichts Gutes. Ein Auto kommt uns entgegen und die Menschen bedeuten uns, dass es nicht weiter geht. Also ist das wohl nichts mit der Fähre. Wir fahren trotzdem noch weiter. Ein paar Kilometer später stehen wir am Fluss, von der Fähre sind nur noch ein paar rostige Metallstücke übrig geblieben. Es ist nicht wirklich schön zum Übernachten und wir kehren wieder um. Wir sind noch nicht weit gekommen, taucht vor uns ein Motorrad mit zwei Mongolen auf. Sie sind in ihre schönen Deel (Mäntel), einer rot der andere blau, mit tuchartigen gelben Gürteln, gekleidet. Das Motorrad schwankt bedenklich und schwups liegen beide mitsamt dem Töff am Boden. Mühsam stehen sie wieder auf und wir sehen, dass sie beide sturzbetrunken sind. Fröhlich winken sie uns zu, steigen wieder auf und liegen schon bald erneut auf dem Boden. Vorsichtig fahren wir einen grossen Bogen um sie herum - und haben keine Ahnung, woher sie gekommen sind beziehungsweise wohin sie unterwegs sein könnten.

Nach fast zwei Stunden erreichen wir wieder die Teerstrasse und fahren halt zur Brücke über den Selenge. Wir übernachten am gleichen Ort wie auf der Hinfahrt vor ein paar Tagen. Aber mit dem Fischen ist es nichts, der Wind ist extrem stark und der Fluss immer noch sehr trüb. Ich versuche ein paar Würfe, gebe aber bald einmal auf.

Wir finden auf der Karte eine andere Route zum Ugii Nuur und überqueren den Selenge gerade hier bei dieser Brücke. Die Strecke ist zeitweise etwas sehr schwierig zu fahren, vor allem als wir wahrscheinlich die Hauptroute verlieren und irgendwo auf einer anderen Piste, die in die richtige Richtung führt, einen kleinen Hügel-Pass überqueren. Es ist schlammig, hat ein Wäldchen und die Baumwurzeln wachsen quer über den Weg, alles ist ein wenig weggeschwemmt vom vielen Regen aber mit Untersetzung und schön langsam erklimmen wir den Hügel Meter um Meter. Als uns dann auf der anderen Seite ein Toyota Prius entgegen kommt, bleibt uns die Spucke weg. Wir würden gerne sehen, wie dieser Personenwagen die Strecke auf der anderen Seite schafft…

Kurze Zeit später steht eine Flussüberquerung an. Wir suchen ziemlich lange, bis wir einen einigermassen fahrbaren Weg hinunter ans Ufer finden. Den Fluss durchfahren wir locker und machen eine Mittagspause. Wir haben kein Brot mehr und so nutze ich die Zeit, um noch rasch einen Teig zu machen der dann aufgehen kann, während wir weiter fahren.

Wir verlieren die Hauptstrecke noch einmal aber nach ein paar Kilometern querfeldein sind wir wieder richtig und wir erreichen Kharikhan, ein Dorf mitten im Nirgendwo. Wir bleiben nicht da und fahren noch ein gutes Stück Richtung Ulzii (wieder müssen wir ziemlich suchen, bis wir die richtige Spur finden) und übernachten dann oberhalb eines kleinen Sees in einer Wiese. Das Wetter ist nicht schön, es windet stark, ist bewölkt und ab und zu gibt es erste Regentropfen. In der Nacht regnet es richtig stark und wir sind froh, haben wir die rutschigen Passagen bereits hinter uns.

Bis zum Ugii Nuur sind es nur noch etwa 100 Kilometer. Aber diese haben es in sich: Es wird eine neue Strasse gebaut und die Trasse ist schon wieder ausgewaschen und wellblechig, teilweise gesperrt und muss umfahren werden, teilweise findet man keine gescheite Spur und alles geht sehr langsam. Erst am Nachmittag erreichen wir den See, das Wetter ist immer noch kalt und unfreundlich. Aber es gibt einen begeisterten Fischer dort am Ufer. Er hat einen grossen Hecht gefangen, erklärt mir aber, dass ich weit hinaus stehen und mit dem „Löffeli“ fischen müsste. Bei dem Wind, der hier bläst hätte ich sowieso keine Chance mit der Fliege und so tief ins Wasser stehen ohne Stiefel oder Wathose mag ich nicht. Also bleibt mein Fischzeug wo es ist und wir sitzen im Truckli an der Wärme.

Am Morgen ist die Wetterlage nicht besser. Es windet, sieht nach Regen aus und es reizt uns gar nicht, noch einen Tag zu bleiben. Wir packen also zusammen und fahren los, wollen eigentlich noch eine Nacht irgendwo in der Pampa übernachten aber irgendwie finden wir nicht den richtigen Platz und so kommt Ulan Bator und damit die River Point Lodge immer näher… Ein Schnitzel wäre doch wunderbar zum Znacht. Wir fahren noch zur Toyota-Garage, da wir sicher noch Kühlmittel brauchen und auch das Truckli möchten wir noch einmal checken lassen, zumindest von unten, denn es hat doch wieder einiges überstehen müssen. Wir fahren hin und vereinbaren einen Termin für den nächsten Tag. Dann fahren wir südlich des Tuul Flusses bis ans andere Ende der Stadt und können so den schlimmsten Verkehr umfahren. Am Abend sind wir in der River Point Lodge und alle freuen sich, dass wir wieder hier sind. Günther und Brigitte stehen auch da, und der Iveco von Lutz und Conny, die wir noch nicht kennen, ist parkiert. Nun ist also unser China-Grüppchen bei René vereint und wir machen die ersten Kennenlern-Schritte aufeinander zu. So langsam wird das China-Abenteuer konkret und wir freuen uns.

Wir fahren zeitig los, damit wir pünktlich in der Toyota-Garage sind. Der Verkehr geht gerade so und wir schaffen es. Die Garage ist supermodern, von der Cafeteria im ersten Stock können wir in die Werkstatt hinunter schauen und haben unser Truckli im Blick. Dieses kommt nicht auf den Lift, da sie etwas unsicher sind wegen der Heckverlängerung. Also liegt einer der Mechaniker darunter und sechs andere schaukeln das Truckli ziemlich unsanft hin und her. Unser Betreuer kommt anschliessend mit einer Liste zurück und erklärt uns, was wir alles ersetzen lassen sollten. Naja, nach so vielen Kilometern und davon in den letzten Monaten fast alles auf Pisten mit Löchern und Wellblechabschnitten ist es wohl nicht verwunderlich, wenn das eine oder andere Teil Verschleisserscheinungen aufweist. Sie haben alle Teile bis auf eines vorrätig und so lassen wir sie arbeiten. Wir machen erstmal einen Spaziergang zum Einkaufszentrum und essen da auch gerade etwas zu Mittag. So gegen 14 Uhr kommen wir zurück und der Betreuer führt uns zum Mechaniker, der uns das Differenzialöl zeigt, das er herausgelassen hat: Kohlrabenschwarz… Und wir sind davon ausgegangen, dass es gut sei, denn wir haben es ja checken lassen. Das war aber wohl ein Missverständnis. Aber nun dauert natürlich alles länger, da zusätzlich Dichtungen ausgewechselt werden müssen und das Reinigen wohl auch eher mühsam ist. Auf jeden Fall dauert und dauert es und am Abend um 21.15 kommt das Auto aus der Werkstatt. Wir steigen ein und wollen losfahren, aber die Bremsen funktionieren nur halb und die Handbremse überhaupt nicht. So wagen wir uns nicht auf die Strasse und übernachten dann halt auf dem Parkplatz der Garage. Nach einem Picknick-Znacht steigen wir nach oben und schlafen erstaunlich gut so dicht an der Hauptstrasse aber gut bewacht vom Sicherheitsmenschen im Häuschen. Er wurde von unserem Mechaniker extra darauf hingewiesen, dass wir hier übernachten und er dafür sorgen müsse, dass uns nichts passiere.

Da wir wissen, dass das fehlende Teil erst am Mittag geliefert wird, bleiben wir am Morgen noch ein wenig liegen und lesen, frühstücken gemütlich und geben anschliessend das Truckli wieder in die Obhut der Mechaniker. Das Warten beginnt von neuem und es dauert noch einmal fast fünf Stunden bis alles fertig ist. Bei der ersten Probefahrt durch den Ingenieur sind die Bremsen immer noch zu weich eingestellt und müssen noch einmal justiert werden, dann aber ist alles erledigt und wir können zurück fahren in die River Point Lodge. Unterwegs kaufen wir noch den Wein für das gemeinsame Nachtessen mit Conny und Lutz, Brigitte und Günter. Letztere haben einen Gigot gekauft, ihn ausgebeint und entfettet und in ihrem afrikanischen Gusseisentopf daraus ein Gulasch gekocht. Lutz hat den Kartoffelstock gemacht dazu, Conny einen thüringischen Gurkensalat und geschmeckt hat alles wahnsinnig gut. Wir haben es genossen und denken, der Einstieg in unser temporäres Zusammensein ist geglückt.

Das Wetter in Ulan Bator ist immer noch nicht wirklich schön, am Nachmittag regnet es wieder ziemlich heftig. Aber wir nützen die Zeit, um noch die Wollpullover von Hand zu waschen, allerlei zu erledigen, das arg vernachlässigte Reisetagebuch nachzuführen und und und…

Unsere China-Reise-Gspänli fahren heute weiter Richtung Süden bzw. Grenze, aber wir entscheiden uns, noch einen Tag zu bleiben. Eigentlich wollen wir noch einmal in die Stadt, sind aber irgendwie zu faul dazu und lassen es sein. Der Tag ist sonnig und wir sitzen in René’s Garten und lassen es uns gut gehen. Gegen Abend macht René einen etwas erledigten Eindruck und so übernimmt Urs die Küche und wir kochen für die Angestellten, die paar Gäste und uns ein wunderbares Abendessen mit Bratkartoffeln und unserem letzten „Härdöpfu-Gwürz“ vom Volg, mit Salat und grilliertem Fleisch, das Toni, eine Motorrad-Gast, liebevoll wendet und dreht auf der Kohle. Es wird ein sehr gemütlicher Abschiedsabend von dieser wunderbaren Lodge, die so manchem Overlander bzw. mancher Overlanderin ein bisschen Heimat geboten hat.

Nach dem Frühstück gilt es ernst: Wir verabschieden uns definitiv von allen Riverpoint Mitarbeiterinnen und zum Schluss vor allem von René, der ein wenig verloren am Tor steht und uns nachwinkt.

Wir kaufen noch einmal ein im Supermarkt, dann geht es südwärts. Wir haben nur eine kurze Etappe vor uns und fahren zum Kloster Manzushir, Luftlinie keine 40 Kilometer von der Riverpoint-Lodge entfernt, auf der Strasse aber nur mit einem gewaltigen Umweg zu erreichen, da die direktere Strecke wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Kurz nach dem Mittag sind wir da und sehen Simba, den grossen MAN von Günter und Brigitte, schon von weitem neben der Strasse stehen. Gleich dahinter ist auch der IVECO von Conny und Lutz geparkt. Für uns ist der Platz nicht geeignet und wir fahren ein Stück zurück auf eine ebene Fläche hinunter. Wunderschön ist es hier auf der Blumenwiese. Zum Kloster hinauf führt ein guter Wanderweg, manchmal etwas nass wegen der vielen kleinen Quellen, die es offenbar hier gibt. Es scheint dass eine grosse Zeremonie im Gang ist da oben, denn die aufgestellten Schattenzelte und das monotone Beten der Mönche ist weithin sicht- bzw. hörbar. Wir entdecken Conny und Lutz am Rand der Menschenmenge und setzen uns zu ihnen, atmen den Räucherwerk-Duft und lauschen den mal lauter mal leiser gemurmelten Gebeten. Beim Verteilen der Stutenmilch achte ich sorgfältig darauf, nicht probieren zu müssen… Das Kloster selber ist sehr schön, alt aber gut instand gehalten. Erst gegen Abend machen wir uns wieder an den Abstieg. Wir haben am Morgen Hackfleisch gekauft und freuen uns auf eine gute, lang geköchelte Bolognese.

Unser Platz erweist sich als spannender Aussichtspunkt für die Fahrkünste der Mongolen. Das letzte Stück hinunter auf die Fläche ist supersteil und immer wieder kommt ein Auto, das die Abfahrt wagt - wir sehen von weitem, dass es nicht ohne Aufschlagen geht. Einmal unten kann man problemlos fahren mit normalen PKW, aber hinauf gibt es keinen anderen Weg als wieder diesen und der braucht viele Anläufe, viel Gas und viel „Augen-zu-und-durch“.

Truckli sei dank ist es für uns kein Problem, am Morgen wieder auf den Holperweg hochzufahren. Mehr oder weniger gemeinsam mit unseren künftigen China-Gspännli fahren wir auf der A0101 quasi entlang der Eisenbahnlinie immer weiter Richtung Grenze. Es ist alles flach und wir fahren zum Übernachten einfach einen Feldweg entlang ein gutes Stück von der Strasse weg. In der Ferne ist eine Jurte zu sehen und es dauert auch nicht sehr lange, bis deren Besitzer vorbei kommt und ein bisschen schaut, was wir da machen. Es tut uns immer leid, dass wir ausser „Sembenoo" und „Baershla“ (guten Tag und Danke) kein Wort mongolisch weder verstehen noch sprechen und die meisten Mongolen kein Englisch können. Aber in China wird es wohl nicht besser werden und wir haben uns auch bereits ein bisschen daran gewöhnt, so quasi Analphabeten zu sein in diesen Ländern, wo wir noch knapp die Schrift lesen können… Später am Nachmittag finden auch Brigitte und Günther zu unserem Lager. Es ist aber nicht wirklich warm, der Wind weht ziemlich unangenehm über die Weite und wenn sich die Sonne hinter den Wolken versteckt, wird es relativ kühl.

Wir machen noch einen Übernachtungsstop und wollen ein Kloster und ein Energiezentrum besuchen, landen aber letztlich bei Khamriin Khiid, einer Stupa-Anlage. Viele viele Treppenstufen führen auf den Hügel, gesäumt von Stupas und kleinen Ausruhplätzen. Von fast oben (Frauen dürfen nicht bis ganz hinauf) haben wir eine wunderschöne Aussicht über die karge Ost-Gobi Landschaft, die sich schier endlos ausbreitet vor uns. Leider weht der Wind sehr stark und sehr kalt, wir können nicht draussen sitzen. Bei Lutz und Conny bekommen wir aber „Asyl“ und verbringen den Abend in ihrem „Luxus-Bunker“ :-) Die beiden stellen ihren IVECO so, dass wir ein bisschen Windschutz haben. Leider reicht es nicht aus und wir zügeln nach vergeblichen Einschlafversuchen hinunter und schliessen das Dach.

Bis zur Grenze ist es jetzt nicht mehr weit und wir erreichen Zamiin Uud schon gegen Mittag. Urs und ich suchen das Waschhaus und geniessen noch einmal die heisse Dusche. Wir haben die Einrichtung der öffentlichen Waschhäuser in diesem Land sehr geschätzt und rege benutzt. Auch unseren Wassertank können wir gerade wieder auffüllen und sind gerüstet für’s nächste Abenteuer. Wir fahren an die Grenzstation und übernachten gleich dort, da wir am Morgen früh auf der chinesischen Seite der Grenze von Andrea, unserer chinesischen Reiseleiterin, erwartet werden. Wir versorgen unsere schönen Messer sorgfältig, die Butter im Kühlschrank kommt zuunterst hin und den Rest, ein paar Kartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch, lassen wir wo er ist. Es heisst, man darf keine frischen Lebensmittel, keine grossen Messer und keine Milchprodukte einführen. Unser Hochzeitstag-Abendessen besteht aus Gurkensalat und Spaghetti Bolognese. Essen dürfen wir wieder bei Lutz und Conny und es schmeckt richtig gut. Der Wein, den wir dazu trinken, lässt uns gut schlafen in dieser letzten Nacht in der Mongolei.

 

Heimelig...

FlötenspielerBlumenwiesen voller Edelweiss ...
 

Flötenspieler... und Enzian. Die Kühe und Yaks lieben die Blümchen, die uns so stark an die Schweiz erinnern, offenbar nicht. Schön für uns, wir freuen uns riesig an diem Anblick.

 

Gruselig ...

Flötenspieler...sind sie manchmal schon ein bisschen, die Owoo genannten kultischen Steinhaufen, die auf jedem Pass und auch sonst oft zu finden sind. Laut Wikipedia soll es für den Reiseweg Glück bringen, einen Owoo dreimal zu umrunden und dabei an seine Wünsche zu denken. Dabei soll man jedesmal einen unten liegenden Stein oder eine andere Opfergabe oben auf den Owoo legen. Wir achten darauf, dass wir jeden Tag einen im Uhrzeigersinn umrunden.

 

Zu klein ...

Flötenspieler... für die Pfanne. Im Egiin hat es viele Aeschen, die meine Boris-Fliegen lieben. Ich lasse sie wieder schwimmen und hoffe, sie haben etwas gelernt für ihr weiteres Leben.

 

Abenteuerlich ...

Flötenspieler... die Flussüberquerungen von Yaks und Kühen. Manchmal gelingt es nicht so ganz.

FlötenspielerDiese Kuh wurde ein ganzes Stück abgetrieben bevor sie wieder Grund unter den Hufen hatte und ans Ufer klettern konnte.

 

Mutig ...

Flötenspieler... die Ladung auf dem Kleinlaster. Manchmal sieht man das Auto fast gar nicht mehr, das förmlich unter der Schafwolle verschwindet.